Folgekoloskopie muss dringend hinterfragt werden

2016-08-01 Dr Hansjörg Meyer-02Die KolosSal-Studie, die von Professor Dr. Hermann Brenner und Privatdozent Dr. Michael Hoffmeister*) vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg federführend durchgeführt wird, hat Erstaunliches zu Tage gefördert. Die Forscher untersuchten die Zeitintervalle von Nachsorge-Koloskopien und deren Abweichungen von den etablierten Leitlinien. Mehr als 6.000 Patienten, die sich im Zeitraum von 2005 bis 2007 einer Vorsorgekoloskopie unterzogen hatten, wurden sechs Jahre später zu etwaigen Folgekoloskopien  befragt. Das Ergebnis irritiert und wirft Fragen auf:

  • Ein Fünftel (22%) der Patienten, bei denen eine Folgekoloskopie im abgefragten Zeitraum durchgeführt wurde, hatten bei der Erstuntersuchung einen unauffälligen Befund. Die Leitlinie sagt hierzu ganz klar, dass die Folgeuntersuchung erst nach zehn Jahren erfolgen sollte.
  • Dagegen hatten Patienten, bei denen in der Erstuntersuchung High-Risk Adenome (≥ 2 oder Durchmesser 1 cm) festgestellt wurden, in 39% der Fälle während der Follow-up-Phase keine weitere Spiegelung erhalten. Die Leitlinie sagt hierzu ebenfalls ganz klar, dass ein Nachsorgeintervall von nur drei Jahren vorgesehen ist.
  • Auch bei Patienten mit Low-Risk-Adenomen (maximal 2 und Durchmesser < 1 cm) blieben 44 % ohne Folgekoloskopie. Nach der damals gültigen Leitlinie waren diese Patienten unterversorgt, da nach spätestens fünf Jahren erneut gespiegelt werden sollte. Anfang 2018 hat man das Intervall jedoch auf fünf bis zehn Jahre ausgedehnt. Stand heute waren diese Patienten also nicht unterversorgt.

Zusammenfassung: Gemäß dem Standard während der Studie hatten nur 63% der Screening-Teilnehmer eine adäquate Nachsorge. Dass Patienten mit einem primären Negativbefund in einem Zeitraum von sechs Jahren erneut untersucht wurden, spreche für einen  „substantiellen Übergebrauch“, kritisieren die Autoren. Gleichzeitig warnen sie vor dem „hohen Level von Unterdiagnostik“ bei Patienten mit Hochrisiko-Adenomen. Die Autoren schlussfolgern, dass die Adhärenz zu Nachsorgekoloskopien im empfohlenen Zeitintervall eindeutig verbessert werden muss. Nur so lasse sich die bestmögliche Reduktion in der Inzidenz und Mortalität des kolorektalen Karzinoms erzielen.

Schlussfolgerung:

  • Die Leitlinienempfehlungen zur koloskopischen Nachsorge müssen stärker beachtet werden.
  • Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang ein elektronisches Recall-System, welches die Patienten befundabhängig wieder einbestellt.

Dr. H. Meyer, Stiftung Lebensblicke

*) Hoffmeister, M. et.al.  Int J Cancer 2018; online 11. September.
Bericht von Beate Schumacher, Ärzte Zeitung 23.10.2018

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