Blog Jara Berneke

Erster Monat in Salt Lake City

Aufgeregt stehe ich vor der Passkontrolle in Salt Lake City. Ich gehe noch einmal alle Dokumente für die Visumskontrolle durch. Nach 15 Stunden Flug kann ich kaum noch klar denken, und ich mache mir Sorgen, dass ich aus Versehen etwas Falsches sage. Der entscheidende Moment kommt – und der Beamte gibt mir ohne Kommentar meinen Einreisestempel. Gut gelaufen. Ranran, die andere Medizinstudentin, die mit mir das Programm am Huntsman Cancer Institute antritt, und ich machen uns schnell aus dem Staub. Jetzt kann unser Abenteuer wirklich beginnen.

Die erste Woche in Salt Lake City vergeht wie im Flug. Es gibt viel zu organisieren, ich lerne alle Leute aus dem Labor kennen und kämpfe anfangs jeden Abend mit dem Jetlag. Da ich erst ab der zweiten Woche eine Wohnung habe, komme ich erstmal bei Neli unter. Sie hat zwei unglaublich süße Labradoodles, und ich gehe mit ihnen im Emigration Canyon spazieren.

Der Frühling, der das gerade noch nasse, kalte Deutschland nicht ganz erreicht hat, ist hier schon in vollem Gange. Alles um mich herum blüht, die Straßenränder schmücken sich mit wunderschönen Wildblumen, und riesige Rosensträucher wuchern in den Vorgärten. Das Institut liegt am höchsten Punkt von Salt Lake City, und bei jeder Gelegenheit bewundere ich den atemberaubenden Ausblick auf die Stadt, die von den schneebedeckten Gipfeln der Wasatch Mountains eingerahmt wird.

Am ersten Wochenende versuche ich, ein bisschen deutsche Kultur nach SLC zu bringen, und bereite einen Kaiserschmarrn zu. Am Samstag bekommen Ranran und ich Tickets für das Broadway-Musical Wicked geschenkt – die magischen Melodien begleiten uns noch die ganze nächste Woche.

Außerdem bin ich zum Muttertagsbrunch bei Nelis Familie eingeladen, und danach sind wir gemeinsam im Botanischen Garten unterwegs – ein wunderschöner Ort, an dem im Sommer auch Konzerte stattfinden.

Die Zeit vergeht, wir lernen mehr über die ColoCare-Studie und dürfen Patienten-Kits zusammenstellen und Geburtstagskarten schreiben. Mittlerweile wohne ich in einer neuen WG, und meine Mitbewohnerin geht mit Ranran und mir thrift-shoppen. Obwohl ich eigentlich nützliche Haushaltsgegenstände besorgen sollte, fängt eine Popcornmaschine meine volle Aufmerksamkeit. Nach einem anstrengenden Shopping-Trip probieren wir die Burger bei In-N-Out – hervorragend.

Alle im Team sind unter Strom, weil die Ulrich-Gruppe einen großen Grant beantragen muss. Die Deadline rückt immer näher, und ich verbringe das Wochenende im Huntsman Cancer Institute, um mein Team zu unterstützen. Trotz des Stresses herrscht gute Stimmung, und wir essen Pizza. Es ist eine gute Gelegenheit, meine Arbeitskolleg*innen besser kennenzulernen.

Mittlerweile haben Ranran und ich das Student Life Centre der University of Utah entdeckt. Hier gibt es alles, was das Sportlerherz begehrt: ein riesiges Gym, ein Schwimmbad mit Hot Tub, Basketballplätze, eine Kletterhalle und mehr. Jeden Tag nach der Arbeit nutzen wir diese Angebote und merken, dass es hier unglaublich viele sportlich motivierte Menschen gibt. An diesem Wochenende findet in SLC der Boulder World Cup statt – natürlich muss ich mir den anschauen. Danach erkunde ich gemeinsam mit Ranran die Stadt. Die Mormonengebäude sind wirklich beeindruckend, und wir hören uns ein Orgelkonzert in der Konferenzhalle der Mormonen an. Alle sind freundlich und erzählen gern über ihren Glauben.

Interessant finde ich, dass die Mormonen schon seit Jahrzehnten Stammbäume von Familien aus aller Welt sammeln. Ich überlege, mir eine Stammbaumanalyse machen zu lassen – vielleicht habe ich ja auch ein paar entfernte Verwandte unter den Mormonen?

Am Samstag haben wir Tickets für das Symphonieorchester von Utah. Die Konzerthalle ist wunderschön, und in der Mitte der Empfangshalle thront eine beeindruckende rote Glasskulptur. Die Musik ist bezaubernd – ein wunderschöner Abend.

Am Sonntag bringt uns meine WG-Mitbewohnerin zum Emigration Canyon Lake. Der See glitzert in der Sonne, und überall blühen leuchtend gelbe Blumen. Den Memorial Day verbringen wir mit einem Hike über den Living Room Trail. Am höchsten Punkt unserer Wanderung befinden sich viele kleine „Sessel“, die motivierte Wanderer aus herumliegenden Steinen gebaut haben.

Eine weitere Woche im Institut: Ranran und ich recherchieren an unseren eigenen Projekten. Ich finde mein Thema superinteressant und versuche, so viel wie möglich darüber zu lesen. Beim Team Lunch haben wir Besuch aus Heidelberg!

Für das Wochenende melden wir uns dafür an, bei einer Health Fair das Huntsman Cancer Institute zu repräsentieren. Zusammen mit Carson sollen wir Leute über die Vorsorgeuntersuchungen bei verschiedenen Krebsarten informieren. Die Frage „Könnt ihr eigentlich Spanisch?“ bei unserer Ankunft kommt etwas überraschend. Es gibt hier eine riesige lateinamerikanische Community, und die Health Fair ist für sie organisiert. Ich bekomme einige komische Blicke für mein europäisches Spanisch, aber kämpfe mich tapfer durch. Ranran und Carson bekommen eine Übersetzerin zur Seite gestellt. Die Leute sind echt interessiert – es ist eine tolle Erfahrung.

Am Abend besuchen wir mit Freunden von Ranran das Street Artist Festival in Downtown SLC. Alle sind auf der Straße, und es herrscht eine tolle Stimmung. Bei den meisten Straßenkünstler*innen ist das Hauptthema Feuer. Viele Stunts sind wirklich riskant, und alle halten den Atem an.

Im Großen und Ganzen: ein erfolgreicher erster Monat. Hier sind die Fotos: