16.12.2021
Nun lebe ich schon seit fast einem halben Jahr in Utah. Einerseits kommen mir meine Ankunft und meine ersten Wochen in Salt Lake City unglaublich lange her vor, andererseits frage ich mich, wo die Zeit geblieben ist. Seit meinem letzten Bericht habe ich wieder unglaublich viel erleben können, und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich diese Möglichkeit erhalten habe.
Erste Ergebnisse meines Projekts am Huntsman Cancer Institutes
In der Arbeit, am Huntsman Cancer Institute, habe ich die Datenbereinigung meines Projektes (Die psychosozialen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf Krebspatienten des Huntsman Cancer Institutes) inzwischen abschließen können und konnte mit der wohl spannendsten und von mir schon freudig erwarteten nächsten Projektphase beginnen: der Datenanalyse! Zwar hatte ich an meiner deutschen Universität schon einiges über statistische Analysen gelernt, vor allem die (für mich) komplizierteren Methoden hatte ich aber noch nicht an einem Datenset anwenden können. Umso interessanter und lehrreicher war es daher mit Hilfe meiner Supervisorin Dr. Anita Peoples die erhobenen Daten zu analysieren und die Ergebnisse zu verstehen. Zudem habe ich großartige Unterstützung vom ganzen Team erhalten, das mir zweimal im wöchentlichen Teammeeting Feedback zu den Zwischenergebnissen und wertvolle Anregungen für das Schreiben der Publikation gegeben hat. Basierend auf ersten Ergebnissen habe ich außerdem einen Abstract, d.h. eine Zusammenfassung des Projektes und der Ergebnisse, für den „Diabetes and Metabolism Research Retreat“ an der Universität von Utah einreichen können. Tatsächlich dachte ich naiverweise ganz am Anfang des Praktikums, dass ein „Retreat“ etwas mit Entspannung zu tun hat, in der Forschungswelt handelt es sich hierbei aber um einen Austausch über Forschungsergebnisse. Nachdem mein Abstract angenommen wurde, arbeitete ich daher an der Darstellung meiner Ergebnisse auf einem Poster (das Poster ist auf der vorherigen Seite verlinkt). Während des Retreats konnten andere Teilnehmer das Poster anschauen und Fragen stellen. Da ich zum ersten Mal offiziell meine Forschungsergebnisse vorstellen durfte, war der Retreat eine sehr spannende und wertvolle Erfahrung für mich.
Unterstützung der ColoCare Studie
Nach wie vor unterstütze ich außerdem die Organisation der ColoCare Studie in unterschiedlichen Bereichen. Zum Beispiel bin ich dafür verantwortlich, die Pakete mit verschiedenen Studienunterlagen wie Fragebögen, Sets für Stuhl- und Blutproben oder Fitness-Trackern an die Teilnehmer der Studie zu verschicken. Da das Huntsman Cancer Institute das einzige vom Nationalen Krebsinstitut ausgezeichnete „Comprehensive Cancer Center“ in der Intermountain West Region der USA ist, stammen die Patienten nicht nur aus Utah, sondern zum Beispiel auch aus Idaho, Montana, Nevada oder Wyoming. Die Anfahrten können dementsprechend lange sein, sodass die Patienten nicht zu jedem Studienzeitpunkt vor Ort am Huntsman Cancer Institute sein können. Daher verschicken wir wöchentlich rund zehn Pakete, und die Patienten senden uns ihre ausgefüllten Fragebögen und biologischen Proben, gut verpackt in Kühltaschen mit gefroren Kühlkompressen, wieder zurück. Ich finde es sehr beeindruckend, wie engagiert sich viele Patienten trotz der schwierigen Situation einer Krebsdiagnose an der ColoCare Studie beteiligen, obwohl sie dafür nicht bezahlt werden. Als Dank senden wir den Patienten Karten zum Geburtstag, zu Weihnachten und regelmäßig Newsletter, in denen wir zum Beispiel von aktuellen Forschungsergebnissen berichten, erklären, was mit den biologischen Proben im Labor passiert, und Möglichkeiten zur Vernetzung mit anderen Krebspatienten aufzeigen.
Unterricht an der Universität von Utah
In der Zwischenzeit fing außerdem ein neues Semester an der Universität von Utah an, und der riesige Campus füllte sich schlagartig mit Leben. Für internationale Studenten wurde ein Willkommens-Mittagsessen und eine Tour über den Campus organisiert, und ich lernte einige neue Freunde aus den verschiedensten Kulturen kennen. Die Universität bietet ihren Studenten sehr viele Aktivitäten an, es gibt beispielsweise eine Bowlingbahn, kostenlose Karten für Musicals des Pioneer Theaters, eine riesige Sportanlange, Therapiehunde während der Examenswochen und regelmäßige Events mit kostenlosem Essen. Im Vergleich zu den oft schon etwas maroden deutschen Universitäten mutet der Campus daher schon fast paradiesisch an. Die Studenten müssen jedoch hohe Studiengebühren bezahlen, sodass ich meine kostenlose und ebenso gute deutsche Universität sehr zu schätzen weiß. Obwohl ich nicht als Studentin an der Universität von Utah eingeschrieben bin, habe ich trotzdem die großartige Möglichkeit erhalten, einen Kurs zu besuchen und das US-amerikanische Unterrichtssystem hautnah kennenzulernen. Dr. Cornelia Ulrich, Direktorin des Huntsman Cancer Institutes, und Dr. Jennifer Ose boten mir an, Lehrassistentin in ihrem Kurs über translationale und klinische Epidemiologie für Doktoranden zu werden. Für mich eher ungewohnt, bestand der Kurs nur aus fünf Studierenden und wurde Corona-bedingt sowohl vor Ort als auch online angeboten. Damit die Studierenden auch von zu Hause aus alles mitverfolgen konnten, gab es eine Kamera namens „Eule“, die mal mehr und mal weniger zuverlässig ihren Fokus auf die Person richtete, die gerade sprach. Anders als in Deutschland mussten die Studierenden außerdem wöchentlich Hausaufgaben einreichen, die benotet wurden. Meine Epidemiologie Kenntnisse waren vor dem Kurs eher gering, sodass ich mich vor Beginn des Semesters noch gezielt vorbereiten musste. Trotz Vorbereitung bin ich jede Woche erneut fasziniert davon, wie vielfältig Epidemiologie ist. So wird jede Woche ein Fachartikel aus einem anderen Bereich besprochen, beispielsweise zu Ernährung, Genetik, Physischer Aktivität, Umwelt und Ungleichheiten im Gesundheitswesen. Aufgrund der Aktualität sprachen wir außerdem bereits über Long-COVID, hörten einen Gastdozenten über COVID-19 aus der internationalen Perspektive sprechen und ließen die Studenten in Teams über die COVID-19-Impfung debattieren, was in einer hitzigen und gleichermaßen witzigen Unterrichtsstunde endete. Mit jeder Unterrichtsstunde kann ich meine Kenntnisse über epidemiologische Methoden weiter ausbauen, was sich konkret auf meine Herangehensweisen beim Lesen von Publikationen auswirkt, mit denen ich mich nun kritischer auseinandersetze.
Wunderschöne Nationalparks
In den vergangenen Wochen war jedoch nicht nur die Arbeit sehr ereignisreich, sondern ich habe auch wieder viel in meiner Freizeit erleben können. Ich besichtigte den Zion Nationalpark, der mich besonders aufgrund seiner wunderschönen Landschaft bestehend aus roten Felsen und gleichzeitig kräftig grünen Pflanzen beeindruckte. Ich erfüllte mir dort außerdem einen persönlichen Traum und machte eine Reittour durch den Canyon auf einem Westernpferd. Ein weiteres Highlight war für mich der nächtliche Sternenhimmel. Zion Nationalpark ist wie einige andere Nationalparks in Utah ein international zertifizierter „Dark Sky Park“, das heißt ein in der Nacht besonders dunkler Ort, an dem man sehr gut Sterne beobachten kann. Der Blick in den Himmel und auf die Milchstraße, ohne jegliches Hilfsmittel, war einfach atemberaubend. Des Weiteren besichtigte ich Bryce Nationalpark, welcher für seine farbigen Felspyramiden namens „Hoodoos“ bekannt ist und wunderschöne Wanderwege und Aussichten bietet. Meinen Geburtstag verbrachte ich in Las Vegas, und obwohl ich zunächst etwas skeptisch war, hat mir die Stadt dann doch gut gefallen. Die einzelnen, riesigen Hotels bzw. Casinos verfolgen alle verschiedene Themen, die wirklich gut umgesetzt sind. Beispielsweise gab es ein Hotel, das Venedig nachempfunden war, inklusive Markusplatz und überteuerten Gondelfahrten. Einige Wochen später fuhr ich zur Abwechslung in den kälteren Norden, durch Idaho, Montana und Wyoming zum Yellowstone Nationalpark. Das Gefühl, sich auf einem aktiven Supervulkan zu bewegen und gleichzeitig den heißen Dampf aus den Böden aufsteigen und die Geysire ausbrechen zu sehen, war einzigartig. Besonders gefallen haben mir außerdem die Bisons, die mehrfach direkt vor unserem Auto über die Straße gelaufen sind.
Wenn ich nicht am Wochenende unterwegs war, genoss ich Salt Lake City und die ebenso sehr schöne Umgebung. Die umliegenden Berge und Canyons bieten zahlreiche Wanderwege und es gibt viel zu entdecken. Beispielsweise hatte ich das Glück, auf einer Wanderung einen Elch mit Kalb zu sehen. Erhofft hatte ich mir außerdem, zumindest einmal auf eine Schlange zu treffen, auch wenn keiner meiner amerikanischen Freude diesen Wunsch nachvollziehen konnte. Dass sich dieser Wunsch schließlich bei einer Nachtwanderung mit einer giftigen Klapperschlange erfüllte, war nicht ganz optimal, aber auf jeden Fall ein unvergessliches Erlebnis. Eine weitere spannende Erfahrung war meine erste Klettertour in einem Canyon. Ich war davor nur einmal in der Halle geklettert, dementsprechend ahnungslos und verließ mich auf meine Freunde. Im Nachhinein frage ich mich immer noch, wie ich es diesen Berg hinauf- und vor allem auch wieder heruntergeschafft habe. Die Aussicht vom Berg und das Gefühl danach, es geschafft zu haben, waren jedoch grandios.
Die amerikanische Kultur
Um die amerikanische Kultur möglichst umfassend kennenzulernen, besuchte ich ein American Football Spiel der Utes (das Football Team der Universität von Utah) und ein Baseball Spiel der Salt Lake Bees. Nachdem ich beim Football Spiel kaum etwas verstanden und sogar Schwierigkeiten hatte, den Ball zu sehen, bereitete ich mich auf das Baseball Spiel mit erklärenden Videos vor, sodass ich zumindest vermuten konnte, was auf dem Platz vor sich ging. Die bisher außergewöhnlichste kulturelle Erfahrung war aber der Besuch einer Schießanlage. Ich habe großen Respekt vor Waffen und es war befremdlich zu sehen, wie kleine Kinder (unter Aufsicht der Eltern) mit vollautomatischen Waffen durch die Gegend laufen. Ich hingegen war schon überfordert damit, mir eine Waffe zum Schießen auszusuchen. Der Betreiber der Anlage, der sehr überrascht war, dass ich noch nie im Leben geschossen hatte, war aber zum Glück sehr freundlich, erklärte mir alles und schließlich traf ich mit meiner James Bond Waffe sogar mein Ziel, einen Zombie. Anfang September fing meine Mitbewohnerin außerdem an, das ganze Haus auf Halloween vorzubereiten. Halloween hat in den USA eine größere Bedeutung als in Deutschland und viele Menschen dekorieren ihre Häuser, teils sehr aufwändig mit lebensgroßen Skeletten und Grabsteinen im Garten. Dank meiner Mitbewohnerin konnte ich mich jeden Tag nach der Arbeit über neue künstliche Spinnweben oder Totenköpfe in unserem Haus erfreuen. Sie veranstaltete außerdem ein Mystery Dinner, bei dem jedem Gast eine Rolle zugeteilt wurde und es galt, den Mörder in der Geschichte herauszufinden. Meine Rolle war ironischerweise die der verrückten Wissenschaftlerin und ich hatte viel Spaß dabei.
Ich bin sehr dankbar für alle Erfahrungen, die ich bisher im Rahmen meines Aufenthaltes machen durfte, und freue mich schon auf viele weitere in den kommenden Wochen.
23.10.2021
Aktuelles aus Salt Lake City: Frau Assmann arbeitet an ihrem Projekt, die psychosozialen Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf Krebspatienten des Huntsman Cancer Institutes sowie auf gesunde Probanden zu untersuchen. Konkret beschäftigt sie sich nach längerer Datenaufbereitung im Moment hauptsächlich mit der Datenanalyse der ersten Umfrage, die zwischen August und September 2020 durchgeführt wurde. Basierend auf ersten Ergebnissen hat sie einen Abstrakt für den „2021 Diabetes and Metabolism Research Fall Retreat“ eingereicht (im Anhang) und erstellt derzeit hierfür ein Poster. Außerdem arbeitet sie an einem Entwurf für die Publikation. Parallel hat sie damit begonnen, die Daten der zweiten COVID Umfrage aus drei verschiedenen Studienpopulationen zu beziehen. Die zweite Umfrage wurde vor kurzem beendet und soll die längerfristigen Auswirkungen der Pandemie abbilden. In den Monaten zuvor hat Elena mitgeholfen, die Fragebögen zu versenden und die Antworten der Papierfragebögen in ein elektronisches System zu übertragen. Sie besucht auch die Vorlesung „Klinische und Translationale Epidemiologie“ und gewinnt als Teaching Assistant wichtige Erfahrung.
30.08.2021
Meine ersten zwei Monate in Salt Lake City sind nun vorbei – eine unfassbar aufregende und erlebnisreiche Zeit, die wie im Flug vorüber ging. Aber alles der Reihe nach:
Am ersten Arbeitstag holte mich Christy, unsere Team Labor Managerin, netterweise mit ihrem Auto ab, damit ich nicht schon am Anfang auf dem riesigen Universitäts Campus verloren gehe. Der Campus beinhaltet nicht nur normale Universitätsgebäude und die verschiedenen Kliniken, sondern beispielsweise auch das Natural History Museum of Utah, den botanischen Garten „Red Butte“, ein riesiges Sportzentrum und eine aktive Militärbasis. Neben den stadteigenen öffentlichen Verkehrsmitteln gibt es am Campus zusätzliche kostenlose Universitäts-Shuttle Busse. Diese fahren glücklicherweise alle im Kreis, sodass ich die kaum vermeidbaren Verirrungen in den kommenden Wochen als Sightseeing-Touren über den Campus nutzen konnte.
Am Huntsman Cancer Institut angekommen, zeigte mir Christy zusammen mit einer weiteren neuen Praktikantin aus Salt Lake zunächst das Institut und das angrenzende Universitätsklinikum. Das Institut wirkt sehr edel, die Lobbys und Gänge sind mit vielen Kunstwerken bestückt und es gibt Terrassen auf mehreren Ebenen. Da das Institut am oberen Ende des Campus am Berg liegt, hat man eine fantastische Aussicht über die ganze Stadt bis hin zum Salzsee und den gegenüberliegenden Bergen. Hinter dem Institut verlaufen Wanderwege, auf denen faszinierenderweise sogar bei 38° Celsius Menschen den Berg hinauf joggen. Zum Mittagessen lud uns Christy in das zum Institut gehörende Restaurant „The Point“ ein, wo ich meinen ersten Burger mit Pommes in den USA aß. Anschließend ging es zum wöchentlich stattfindendem Team-Meeting, bei dem ich meine neuen Arbeitskollegen persönlich oder über Zoom kennenlernte und sehr freundlich empfangen wurde. Im Meeting werden in der Regel die neuesten „Achievements“, d.h. Errungenschaften wie eingereichte Fachartikel gesammelt, wichtige Themen besprochen und reihum Präsentationen zu den persönlichen Forschungsschwerpunkten gehalten, woraus sich oft sehr interessante und lehrreiche Diskussionen entwickeln. Neben dem Team-Meeting gibt es außerdem einmal die Woche ein Meeting speziell für die ColoCare Studie, in welchem beispielsweise potenzielle neue Studienteilnehmer, aktuelle Statistiken zu den Rücklaufquoten der Fragebögen bzw. der Proben oder Anträge auf eine Veränderung des Studienprotokolls besprochen werden.
In den ersten Wochen am Institut war ich vor allem damit beschäftigt, mich technisch einzurichten und viele weitere Trainings zu absolvieren. Zum Beispiel lernte ich, welche Unterlagen benötigt werden, um neue Patienten zu rekrutieren und welche Fragebögen bzw. welches Probenmaterial zu den verschiedenen Studienzeitpunkten erhoben bzw. eingesammelt werden müssen. Zur Qualitätssicherung und für die Nachvollziehbarkeit bei externen Überprüfungen ist eine genaue Dokumentation jedes einzelnen Vorgangs innerhalb der Studie nötig. Verschreibt man sich beispielsweise auf einem Fragebogen, muss man diesen Fehler mit dem aktuellen Datum und den eigenen Initialen versehen. Jeder einzelne Kontakt zu einem Patienten, sei es ein Anruf oder das Zusenden von Studienmaterialen oder auch nur einer Geburtstagskarte, wird in einem Verwaltungsprogramm genauestens vermerkt. Es ist sehr interessant zu sehen, welch großer Aufwand hinter einer solchen Studie steckt.
Parallel zu meiner Arbeit für die ColoCare Studie begann ich, mich mit den Variablen des Fragebogens zur Auswirkung der Pandemie auf die Patienten des Instituts vertraut zu machen und mich in die entsprechende Literatur einzulesen. Im Moment bin ich damit beschäftigt, die Daten für den Vergleich zwischen den Patienten mit Krebs und den gesunden Kontrollprobanden aufzubereiten. Beispielsweise muss ich die Antworten einiger offener Fragen auswerten und in Kategorien zusammenfassen. Ich hoffe, die Datenaufbereitung bald abschließen zu können und freue mich schon auf die statistische Auswertung, die hoffentlich zu einigen interessanten Ergebnissen führen wird.
Ein weiteres spannendes Projekt, in das ich bisher einen Einblick erhalten durfte, war ein Antrag auf Fördergelder für eine neue Studie meiner Supervisorin Dr. Anita Peoples. Obwohl es sich um einen eher kürzeren Antrag handelte, war der Aufwand erstaunlich groß. Neben den Lebensläufen der Studienleitern, Empfehlungsschreiben anderer Forscher und einem finanziellen Plan musste unter anderem die Wichtigkeit und die Durchführbarkeit der Studie dargelegt sowie die Ziele, die Hypothesen, die Methodik und erwartete Ergebnisse detailliert beschrieben werden. Sollte der Antrag abgelehnt werden, wird die Studie leider nicht durchgeführt werden können. Da ich mir gut vorstellen kann, später in der Forschung zu arbeiten, war es für mich eine sehr lehrreiche Erfahrung zu sehen, wie Forschung finanziert wird.
Abgesehen von der Arbeit am Institut gibt es auch immer wieder spaßige Veranstaltungen mit dem ganzen Team. So wird regelmäßig zusammen auf einer der Terrassen Mittag gegessen, bei Starbucks Kaffee geholt oder es wird für alle Pizza bestellt, weil z.B. ein großer Förderantrag eingereicht wurde. Außerdem haben wir den amerikanischen Kollegen beigebracht, wie man „Tischtennis-Rundlauf“ spielt und es zusammen im Team-Meeting ausprobiert. Das jährliche Team-Picknick in einem der stadtnahen Canyons war ebenso sehr schön und lustig.
Hinsichtlich der Pandemie merkt man in Salt Lake City deutlich weniger Auswirkungen als in Deutschland. Es muss nur in den öffentlichen Verkehrsmitteln eine Maske getragen werden, ansonsten ist es freiwillig, bzw. gilt nur für ungeimpfte Personen, die sich aber größtenteils nicht an die Regelung halten. Auch größere Veranstaltungen wie Konzerte finden normal statt, obwohl die Infektionszahlen ansteigen. Am Huntsman Cancer Institut gibt es mehr Vorsichtsmaßnahmen. Es müssen selbstverständlich Masken getragen werden und die Anzahl von Personen in einem Raum ist begrenzt. Derzeit soll an mindestens drei Tagen in der Woche im Büro gearbeitet werden, die restlichen Tage können im Home-Office absolviert werden.
In meiner Freizeit habe ich ebenso schon sehr viel erlebt. Zunächst musste ich mir eine neue Unterkunft suchen, da ich im ersten Apartment nur für sechs Wochen wohnen konnte. Der Wohnungsmarkt in Salt Lake ist sehr umkämpft und ich habe einige interessante Erfahrungen auf der Suche nach einem Zimmer gemacht. Da ich weder eine „Social Security“ Nummer noch ein regelmäßiges Einkommen oder einen „Credit-Score“ nachweisen konnte, gestaltete sich die Suche zu Beginn sehr schwierig. Eine Woche vor der (nicht wirklich) drohenden Obdachlosigkeit habe ich jedoch ein Zimmer in einem sehr schönen Haus nahe der Universität gefunden. Ich habe fünf Mitbewohnerinnen, die ich vorher alle nicht kannte. Als völlig WG-unerfahrene Person war ich daher positiv gespannt, wie sich das Zusammenleben gestalten würde. Glücklicherweise sind alle sehr nett, entspannt, aufgeschlossen und einigermaßen organisiert. Das Haus hat außerdem eine Veranda, was ein persönlicher kleiner amerikanischer Traum von mir war. Zudem läuft manchmal ein wilder Truthahn namens Franklin durch unseren Vorgarten, was ich sehr witzig finde. Leider ist er aber nicht zahm.
Den „Independence Day” am 4. Juli habe ich mit einer anderen Praktikantin und ihren Freunden verbracht. Wir fuhren zu einem See im Pineview Reservoir, grillten am Abend, aßen eine Torte mit amerikanischer Flagge als Motiv und schauten uns anschließend das Feuerwerk an. Einige Wochen später folgte ein weiteres langes Wochenende auf Grund eines Utah-spezifischen Feiertages: Pioneer Day. Am Pioneer Day wird sich an die Ankunft der ersten mormonischen Pioniere in Salt Lake im Jahre 1847 erinnert und es finden das ganze Wochenende lang verschiedene Veranstaltungen statt. Ich schaute mir die Parade an und ging am Abend mit Freunden zum Rodeo bzw. den Cowboy Games. Für mich war das eine sehr schräge, einmalige kulturelle Erfahrung. Ein Rodeo werde ich mir auf Grund der geringen Tierfreundlichkeit wohl aber nicht noch einmal anschauen. Hingegen war es recht interessant zu sehen, wie geschickt die Cowboys mit ihrem Lasso umgehen können, um z.B. Kälber einzufangen.
An einem anderen Wochenende fuhr ich mit Freunden aus Indien, Palästina, Costa Rica und Kalifornien an den sogenannten „Bear Lake“, einen See nördlich von Salt Lake City. Nach einem ausgiebigen amerikanischen Frühstück mit Pancakes, das nur der Amerikaner ganz schaffte, badeten wir im See und fuhren anschließend Kanu. Der Ort wimmelte voller riesiger Trucks, die Boote oder offene Jeeps hinter sich herzogen und amerikanische Flaggen gehisst hatten. Wir kauften uns Himbeer-Shakes, für die der Ort bekannt ist und schafften den „Mini“-Becher (abgesehen vom Amerikaner) nicht einmal zur Hälfte. Am nächsten Tag fuhren wir in den Provo Canyon und versuchten uns am „tubing“, d.h. wir legten uns in große Schwimmreifen und ließen uns einige Stunden den Fluss im Canyon hinabtreiben. Es war ein sehr großer Spaß.
Ebenso schön waren die Wanderungen, die ich bisher machen konnte. Besonders gut gefallen hat mir eine Wanderung, bei der wir erst am Abend losgegangen sind, um den Sonnenuntergang anzuschauen und anschließend ganz Salt Lake City bei Nacht von oben zu sehen. Inzwischen bin ich auch korrekt für solche Unternehmungen ausgerüstet und besitze neue Wanderschuhe und eine Stirnlampe. Die Stirnlampe ist nicht nur beim Wandern am Abend sinnvoll, sondern auch in der Stadt, denn es gibt kaum Straßenlaternen.
Ich genieße wirklich jeden einzelnen Tag und freue mich schon auf viele weitere interessante Arbeitstage und Erlebnisse in Utah!
16.06.2021
Nach monatelanger Vorbereitung konnte ich am Freitag endlich nach Salt Lake City reisen. Pandemiebedingt boten die amerikanischen Konsulate nur wenige Visa Interview Termine an, sodass es kurzzeitig so aussah, als könnte ich erst im Herbst mit meinem Forschungspraktikum am Huntsman Cancer Institute beginnen. Glücklicherweise habe ich aber doch noch einen früheren Notfalltermin im amerikanischen Generalkonsulat in München ergattern können. Ausgestattet mit einem Ordner voller Unterlagen, um beispielswiese meine Bindung zum Heimatland nachweisen zu können, hoffte ich auf einen positiven Ausgang des Interviews. Meine leichte Nervosität war jedoch unbegründet, denn bereits nach wenigen Minuten hielt ich die Zusage zum Visum in der Hand. Außerdem erhielt ich eine National Interest Exception, um das derzeitige Einreiseverbot umgehen zu dürfen. Da diese Ausnahmegenehmigung nur 30 Tage lang gültig ist, musste ich anschließend innerhalb kürzester Zeit alles Weitere wie den Flug, die Unterkunft und die Versicherung organisieren sowie meine Universität über die kurzfristige Ausreise und das Fehlen in laufenden Kursen informieren.
In den Wochen zuvor hatte ich bereits unzählige E-Mails mit Mitarbeitern des Huntsman Cancers Institutes ausgetauscht und an mehreren Zoom Meetings teilgenommen. Dabei konkretisierten sich meine Projekte während des Praktikums am Institut. Die Hälfte meiner Arbeitszeit werde ich in alle anfallenden Aufgaben der ColoCare Studie eingebunden sein. In der anderen Hälfte werde ich mich konkret mit den psychosozialen Auswirkungen der Pandemie auf die onkologischen Patienten am Institut beschäftigen. Hierfür werde ich zum einen auf Basis der Ergebnisse des ersten Fragebogens die Auswirkungen auf die Patienten im Vergleich zu gesunden Teilnehmern analysieren. Der Fragebogen wurde bereits im letzten Sommer durchgeführt und erfasst die kurzfristigen Auswirkungen der Pandemie. Zum anderen werde ich anhand des zweiten Fragebogens, der aktuell an die Patienten des Instituts verteilt wird, die Auswirkungen longitudinal, d.h. im zeitlichen Verlauf betrachten. Nicht zu unterschätzen war der Aufwand, um (hoffentlich bald) auf die Studiendaten zugreifen zu dürfen. Neben verschiedenen Formularen musste ich vorher mehrere Online Trainings absolvieren, die detailreich die rechtlichen und ethischen Aspekte bei der Durchführung einer klinischen Studie erklärten und am Ende abfragten.
Nach zwei negativen COVID Tests flog ich am Freitag schließlich von Nürnberg über Amsterdam in einem fast leeren Flugzeug nach Salt Lake City. Ähnlich wie das Interview in der Botschaft lief die Einreise in die Vereinigten Staaten unerwartet unkompliziert ab. Zwar hatte ich wieder wie empfohlen sämtliche Unterlagen im Handgepäck, letztendlich wurde aber nur mein Corona Test und die Ausnahmegenehmigung überprüft. In Salt Lake City angekommen fuhr ich mit dem Taxi zu meiner Unterkunft, in der ich bis Ende Juli wohnen werde. Obwohl meine Mitbewohnerin nicht vorgewarnt wurde, dass ich an diesem Tag einziehen werde, nahm sie mich herzlich auf. So fuhr sie mich am nächsten Tag zum Supermarkt und zur IKEA, damit ich das Wichtigste einkaufen konnte. Ganz ungewohnt war es, dabei keine Maske mehr tragen zu müssen. Am Sonntag erkundete ich dann zu Fuß die Stadt. Auf meinem Weg in das Stadtzentrum lief ich an reihenweise hübschen Häusern mit klassischer amerikanischer Veranda und begrünten Vorgärten vorbei. Neben den vielen großen schattenspendenden Bäumen gefiel mir besonders eine Kreuzung, die man mit roten Flaggen winkend für eine bessere Sichtbarkeit überqueren sollte. In Downtown angekommen besichtigte ich den Temple Square der Mormonen und stieg den Capitol Hill hinauf, auf dem das Regierungsgebäude von Utah steht. Inzwischen war es ungewohnte 39° warm. Spätestens jetzt lernte ich die Klimaanlage in meinem Apartment zu schätzen, wegen der ich am ersten Abend noch ziemlich gefroren hatte.
Morgen ist mein erster Arbeitstag am Huntsman Cancer Institute. Geplant ist ein Rundgang durch das Institut sowie die Klinik und ein erstes Meeting mit den anderen Mitarbeitern. Ich bin positiv gespannt, was mich erwarten wird und werde demnächst an dieser Stelle von meinen ersten Arbeitstagen berichten.
11.01.2021
Herzlich Willkommen in meinem Blog! Mein Name ist Elena und ich freue mich sehr, in den nächsten Monaten hier über meine Arbeit am renommierten Huntsman Cancer Institute und mein Leben in den USA berichten zu dürfen. An dieser Stelle möchte ich der Stiftung LebensBlicke erneut danken, die mir diesen einzigartigen Forschungsaufenthalt in Salt Lake City ermöglicht. Das Huntsman Cancer Institute ist einer der sieben Standorte der internationalen ColoCare Studie, die transdisziplinäre Daten von Patienten mit kolorektalem Karzinom über mehrere Jahre erhebt. Die Studie hat unter anderem zum Ziel, neue Biomarker zur Vorhersage des klinischen Verlaufes der Erkrankung zu identifizieren und Zusammenhänge zwischen potenziell modifizierbaren Risikofaktoren und dem Krankheitsverlauf aufzudecken.
Während meines Aufenthaltes werde ich voraussichtlich an einem Projekt arbeiten, welches die konkreten Auswirkungen der derzeitigen Covid-19-Pandemie auf Patienten mit kolorektalem Karzinom erforscht. Auf Grund meines vorherigen Psychologiestudiums werde ich hier den Schwerpunkt auf die psychischen Probleme wie Schlafstörungen oder Depressionen legen.
Ich freue mich schon sehr auf die vielen neuen Erfahrungen, die ich im Laufe des Jahres machen werde: professionell hinsichtlich der klinischen Forschung in einem interdisziplinären Team, aber auch persönlich und kulturell durch den längeren Auslandsaufenthalt in den USA.