“Etwas über 3.000 Menschen versterben jährlich im Straßenverkehr – und etwa 25.000 Menschen versterben an Darmkrebs.” Mit diesem Eingangsstatement stellte Professor Riemann, Vorstand der Stiftung, eindrücklich die Dimensionen dar. Durch eine konsequente Nutzung der Vorsorge könnte ein Großteil dieser Todesfälle vermieden werden. So ist denn auch das neu in Kraft getretene Krebsfrüherkennungsgesetz ein wichtiger Schritt nach vorne: Erstmals werden Versicherte jetzt durch die Krankenkassen zur Vorsorge eingeladen. Dieses Einladungssystem löst das bisherige opportunistische System ab. Allerdings sind eine Reihe von Veränderungen angemahnt: es sollte ein online-Angebot geben, die Informationen sollten laienverständlicher gestaltet sein oder Stuhltestkarten mit dem Einladungsschreiben versandt werden. Professor Kiesslich berichtete vom Einsatz künstlicher Intelligenz bei der Darmspiegelung. „Es ist der Kasparow-Moment, wenn man erkennt, dass die künstliche Intelligenz selbst erfahrenen Untersuchern bei der Erkennung von Polypen, den Krebsvorstufe im Darm überlegen ist“. Er spielt damit auf die erste künstliche Intelligenz an die erfolgreich den Schachweltmeister besiegt hat. Einschränkend fügte er hinzu, dass für die Entfernung der Polypen und der Bewertung im Kontext weiterhin der Mensch gefragt sei. Mithilfe der künstlichen Intelligenz bestehe aber die berechtigte Hoffnung die Darmspiegelung noch effektiver zu machen. Gleichzeitig fordert er eine enge wissenschaftliche Evaluation der Technik um eine Überdiagnostik und unter Umständen unnötige Folgeuntersuchungen zu vermeiden.
Professor Schilling berichtet über die Wertigkeit des immunologischen Stuhltest (iFOBT) der seit 2018 angesetzt wird. Da der Stuhltest ein deutlich niedrig schwelligeres Angebot als die Koloskopie ist, ist die Akzeptanz in der Bevölkerung höher. Aber: wer A sagt muss auch B sagen. Jeder positive Test muss durch eine Koloskopie abgeklärt werden. Wichtig ist dabei aber auch die Wertung der Patientenhistorie. Wenn vor kurzem eine Koloskopie erfolgte, sollte am Besten kein Stuhltest durchgeführt werden. Ziel ist es, eine möglichst hohe „pre-Test-Wahrscheinlichkeit“ zu erreichen um die Zahl der rein diagnostischen Endoskopien zu senken. Dieses Ziel erscheint durch den Einsatz des Stuhltests erreichbar. Die Koloskopie bleibt der Goldstandard der Vorsorgeuntersuchung, der Stuhltest kann jedoch das Darmkrebsrisiko ebenfalls erheblich senken wenn eine Koloskopie abgelehnt wird.
Priv.-Doz. Dr. Walter, Träger des diesjährigen Darmkrebs-Präventionspreises, berichtete von einer Smartphone-App, mit der die Compliance bei der Vorbereitung zur Koloskopie gesteigert werden kann. Er konnte belegen, dass sowohl das Reinigungsergebnis als auch die Zahl der detektierten Polypen höher war, wenn die Untersuchten mit der App durch die Vorbereitung geführt wurden. Neben der Erinnerung an die nächste Maßnahme sei auch die „gameification“ – der Spass-Faktor –dafür verantwortlich. Viele weitere Verbesserungen der Versorgung sind durch den Einsatz digitaler Medien denkbar.
Prof. Dr. Christoph Eisenbach
Vorstandsmitglied der Stiftung LebensBlicke