Memorandum:  MFA-Beruf in Not – ohne MFA keine Vorsorge!

Die medizinische Versorgung wird nicht nur durch die rückläufige Zahl niedergelassener Ärztinnen und Ärzte gefährdet, sondern in viel größerem Umfang durch die abnehmende Zahl Medizinischer Fachangestellter (MFA). Eine ambulante Patientenversorgung ist ohne ausreichendes Assistenzpersonal nicht möglich. Das gilt ganz besonders auch für die Vorsorge.
Obwohl die Inzidenz und Mortalität bei Darmkrebs sinkt, sind bei zunehmend älter werdender Bevölkerung und steigender Darmkrebsinzidenz bei Menschen unter 50 Jahren verstärkte Anstrengungen in der Darmkrebsvorsorge notwendig. Ohne hochqualifizierte MFA sind aber Stuhltests und Vorsorgedarmspiegelungen nicht durchführbar. Nach einer Umfrage des Verbands medizinischer Fachberufe denken 39 % der MFA über einen Ausstieg aus dem Beruf nach, 22 % erhalten einen Lohn unter dem Mindestlohn, 60 % erleben Gewalt durch Patienten oder Angehörige und viele sind in ihrem Beruf unzufrieden. Nach einer Studie des ZI von 2022 haben 34,1 % der Auszubildenden keine ausreichende schulische Qualifikation und 33,2 % brechen die Ausbildung ab. Eine Umfrage des bng zeigt, dass in der Gastroenterologie bereits jetzt fast 50 % der Praxen unbesetzte MFA-Stellen trotz übertariflicher Bezahlung haben. Es ist dringend ein Umdenken erforderlich, um Berufsanfänger für den Beruf der MFA zu interessieren und den Fachkräftemangel mittelfristig auszugleichen. Dafür sind verschiedene Maßnahmen sinnvoll:
• MFA sind heute oft fachlich hochqualifizierte, spezialisierte Fachkräfte. In der Öffentlichkeit muss dies stärker hervorgehoben werden. Die Vielseitigkeit des Berufs der MFA muss besser kommuniziert werden und es muss verstärkt für die Ausbildung in diesem Beruf geworben werden.
• Dafür muss die Attraktivität des Berufs erhöht werden. Bei wachsender Technisierung der ambulanten Medizin müssen sich MFA weiter qualifizieren können und damit müssen berufliche Aufstiegsmöglichkeiten in diesem Beruf verbunden sein. Ansätze hierzu gibt es bereits; eine Weiterentwicklung und gesetzliche Verankerung von Zusatzqualifikationen ist geboten.
• Die Stiftung LebensBlicke hatte bereits 2019 unter Beteiligung alle betroffenen Institutionen (KBV, Bundesgesundheitsministerium, Hausärzteverband, vmf etc.) das MFA-Projekt auf den Weg gebracht und für MFA im hausärztlichen Bereich ein Fortbildungscurriculum „Darmkrebsvorsorge“ verabschiedet und Ausbildungsmodule erstellt, mit denen MFA zur Beratung qualifiziert werden. Diese fertig erstellte Zusatzqualifikation soll validiert werden, wofür dringend Einrichtungen und notwendige Mittel gesucht werden, um sie dann in die Regelversorgung zu implementieren.
• Die Ausbildung der MFA muss reformiert werden und den Bedürfnissen der modernen Medizin, in der immer mehr Leistungen ambulant erbracht werden sollen, angepasst werden. Der Bund ist aufgefordert, Ausbildungsrichtlinien zu überarbeiten und das Berufsbildungsgesetz hier anzupassen, um eine Verbesserung der Qualität der Ausbildung und Anpassung der Weiterbildung an die heutigen Anforderungen zu gewährleisten.
• Mit der Professionalisierung des Berufs der MFA muss eine attraktive, angepasste Vergütung mit Steigerungsmöglichkeiten verbunden sein. Um eine leistungs- und qualitätsgemäße wettbewerbsfähige Bezahlung zu ermöglichen, ist eine Gegenfinanzierung der steigenden Personalkosten erforderlich. Die betriebswirtschaftlich notwendige Refinanzierung muss z.B. in der Gebührenordnung verankert werden, was bisher weitgehend fehlt.
• Für den Beruf der MFA ist mehr Wertschätzung und Anerkennung einzufordern. Hierfür sind eine breitere Unterstützung und Reformen unverzichtbar, um den Fachkräftemangel in der ambulanten Medizin zu beheben und die medizinische Versorgung in der Praxis zu erhalten. Das gilt besonders auch für die Vorsorge.

Für die Stiftung LebensBlicke, Priv. Doz. Dr. Ch. Schmidt, Bonn, Januar 2024

 

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