Unaufmerksamere Untersucher bei der Koloskopie durch KI ?

Mit der immer weiteren Verbreitung der künstlichen Intelligenz im Kontext der Koloskopie – vor allem bei der Detektion von Polypen und der Einschätzung ihres bösartigen Potenzials – gibt es zunehmend diskrepante Studien hinsichtlich der Nützlichkeit dieser Technologie. Die unterschiedliche Studienlage hat u.a. auch dazu geführt, dass verschiedene Fachgesellschaften in Europa und den USA zum Einsatz von KI unterschiedliche Empfehlungen abgeben. Die kürzlich in der renommierten Zeitschrift „The Lancet“ publizierte Arbeit aus dem Vorsorgeregister Polens hat gezeigt, dass Untersucher, die zunächst ohne künstliche Intelligenz koloskopierten, dann eine Weile mit und anschließend erneut ohne KI-Unterstützung, in der Phase nach Einsatz der KI deutlich geringere Polypen-Detektionsraten aufwiesen als zuvor. Die Autoren vermuten, dass hier nachlassende Aufmerksamkeit beim Verlass auf die künstliche Intelligenz die Hauptursache dafür ist, dass die Ergebnisse nach Ausschalten der KI schlechter geworden sind. Sie sprechen von einem „Deskilling-Effekt“. „Diese Ergebnisse lassen für mich den Schluss zu, dass wir künstliche Intelligenz in Zukunft deutlich mehr für Prozessoptimierung (Befunderstellung, Rechnungserstellung, Materialwirtschaft) nutzen sollten und unsere breite medizinische und endoskopische Erfahrung in diesem Kontext perfekt einsetzen sollten“, so Prof. Dieter Schilling, Mitglied des Vorstands der Stiftung LebensBlicke. Quellen: www.thelancet.com | www.the-decoder.de

Polypen in Familien mit familiärem Darmkrebs häufiger!

Man kann es nicht oft genug mitteilen: Der familiäre Darmkrebs ist mit einem deutlich erhöhten Risiko leiblicher Verwandter eines/einer Betroffenen verbunden. Die Analyse des großen nationenweiten schwedischen Datensatzes über familiäre Krebserkrankungen hat ergeben, dass bei einem kolorektalen Karzinom in der Familie leibliche Verwandte sogar deutlich häufiger Polypen entwickeln, die vor allem mit dem früheren Auftreten eines Darmkrebses verbunden sind (early onset colorectal cancer). Dieser Zusammenhang war unabhängig von der Zahl der betroffenen Verwandten und des Alters. „Diese Mitteilung unterstreicht einmal mehr, dass der familiäre Darmkrebs und seine Folgen eine immer noch unterschätzte Kondition sind, der man viel mehr Aufmerksamkeit schenken sollte. Sie unterstreicht auch die Notwendigkeit der Kampagne zum familiären Darmkrebs, die die Stiftung LebensBlicke zusammen mit der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz (LZG) im Oktober dieses Jahres startet“, kommentiert Professor Dr. J. F. Riemann, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Lebensblicke (Hu Y, Kharazami E, Liang K et al. Risk of Colorectal Cancer Associated With Frequency of Colorectal Polyp Diagnosis in Relatives. Gastroenterology 2025; 168:931-938).

Podcast „’ne Dosis Wissen“ – mit Dr. Thomas Thomsen

Seit einigen Jahren gibt es auf der Charity-Meile auf dem Wacken Open Air einen Stand, an dem über Darmkrebs aufgeklärt wird. Frei nach dem Motto: Darmkrebsvorsorge rockt. Initiiert hat die Aktion unter anderem der Gastroenterologe Dr. Thomas Thomsen, Chefarzt für Innere Medizin und Ärztlicher Direktor des Westküstenklinikums Brunsbüttel. Auch als Botschafter der Stiftung LebensBlicke setzt er sich für Darmkrebsvorsorge ein. Dr. Laura Weisenburger, Ärztin und Redakteurin der Apotheken Umschau, spricht mit Dr. Thomsen darüber, warum Wacken der richtige Ort ist, um über Darmkrebs aufzuklären. Hier gehts zum Podcast. Weiterlesen

Bessere Behandlung des Rektumkarzinoms

Ein Forschungsteam aus Mannheim und Heidelberg erforscht eine medikamentöse Kombinationstherapie, die die Strahlentherapie bei Enddarmkrebs wirksamer machen kann. Darmkrebs, eine der Hauptursachen für krebsbedingte Sterblichkeit, hat zu mehr als einem Drittel seinen Ursprung im Enddarm. Diese Rektumkarzinome werden häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Betroffene Patientinnen und Patienten werden in der Regel vor der Operation mit einer Kombination aus Chemo- und Strahlentherapie behandelt (neoadjuvante Chemoradiotherapie). Ziel ist, den Tumor zu verkleinern, um ihn besser operieren zu können. Bemühungen, die Behandlungsergebnisse zu verbessern, konzentrieren sich in der Regel darauf, die präoperative Chemotherapie zu intensivieren. Die Krux: Sie verbessert zwar das Ansprechen, geht jedoch häufig mit schweren Nebenwirkungen einher. Außerdem fehlt es bislang an gezielten medikamentösen Therapieansätzen, die molekulare Schwachstellen des Tumors ausnutzen, um ihn wirksam zu bekämpfen. Weiterlesen

Wer weniger Adenome entdeckt, übersieht öfter Darmkrebs

Ein Forschungsteam des Nationalen Programms der US-Veteranenversorgung  und des Nationalen Krebs-Screening-Programms hat erneut einen bedeutsamen Zusammenhang zwischen der Adenomdetektionsrate (ADR) und der Diagnoserate von Darmkrebs bei Koloskopien festgestellt. Endoskopiker mit niedriger ADR entdecken 30 bis 50 % weniger Darmkarzinome als Kolleginnen und Kollegen mit hoher Adenomerkennung. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer sorgfältigen Untersuchung und einer kontinuierlichen Qualitätskontrolle bei koloskopischen Verfahren. Obwohl das absolute Risiko, ein Darmkarzinom zu übersehen, gering bleibt, sollten Endoskopiker mit niedriger ADR besonders wachsam sein. Die ADR gilt als einer der Qualitätsindikatoren für die Effektivität der Darmkrebsvorsorge. Einschränkung: Es lagen keine Daten zur postkoloskopischen Darmkrebsinzidenz vor, sodass keine Aussagen zur langfristigen Vermeidung von Karzinomen getroffen werden konnten. Prof. J. F. Riemann: „Die Ergebnisse liefern dennoch einen klaren Appell an die medizinische Praxis: Eine hohe Adenomdetektionsrate kann entscheidend zur frühzeitigen Erkennung und Behandlung von Darmkrebs beitragen“ (Dominitz JA, Ladabaum U, Holub JL et al. | Association Between Adenoma Detection Rate and Prevalent Colorectal Cancer Detection Rate in a National Colonoscopy Registry. Gastroenterology 2025 Jun 14:S0016-5085(25)00894-7. doi: 10.1053/j.gastro.2025.06.009).